Erklärung zur Kritik des Regierungspräsidiums Dresden
15. Februar 2008
Robert Uhlemann
Rechtsanwalt
Dresden, den 14. Februar 2008
Erklärung zur Kritik des Regierungspräsidenten Dr. Hasenpflug am Bürgerbehehren „Welterbe erhalten durch Elbtunnel am Waldschlößchen“ vom 11. Februar 2008
Im Auftrag der Bürgerinitiative „Bürgerbegehren Tunnelalternative am Waldschlößchen e.V.“ gebe ich folgende Erklärung ab:
1. Dienstaufsichtsbeschwerde
Die öffentliche Äußerung des Regierungspräsidenten am 11. Februar 2008 zum Bürgerbegehren stellt einen unzulässigen Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Landeshauptstadt Dresden aus Art. 28 Abs. 2 GG dar.
Als Rechtsaufsichtsbehörde ist das Regierungspräsidium (RP) zwar befugt, die Stadt auf eine zu erwartende rechtliche Beanstandung einer Entscheidung durch das RP hinzuweisen. Die Beeinflussung der öffentlichen Meinungsbildung in der Gemeinde durch eine Presseerklärung überschreitet die Kompetenzen des RP als Rechtsaufsichtsbehörde aber deutlich. Der Regierungspräsident hätte über ein nicht öffentliches Schreiben an die Landeshauptstadt nicht hinausgehen dürfen.
Die Vertreter des Bürgerbegehrens, die im Übrigen die geäußerte Kritik als nicht fundiert betrachten, werden heute Dienstaufsichtsbeschwerde bezüglich der Presseerklärung des Regierungspräsidenten Dr. Hasenpflug erheben. Die das einzuleitende Disziplinarverfahren abschließende Entscheidung des Freistaats Sachsen wird durch die Vertreter des Bürgerbegehrens veröffentlicht werden.
2. Zur Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren
Unrichtig ist insbesondere die geäußerte Kritik, es sei unzulässig, vor Ablauf der Bindungsfrist des alten Bürgerentscheids bereits Unterschriften zu sammeln.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unterzeichnungsberechtigung ist der Tag der Einreichung des Bürgerbegehrens und nicht der Tag der Unterzeichnung. Dementsprechend wurde am 23.01.2008 im Besprechungstermin mit der Stadt durch den Leiter des Rechtsamtes, Herrn Weber, und dessen Mitarbeiter Herrn Stroß, die Rechtmäßigkeit der laufenden Unterschriftensammlung klar bejaht.
3. Zur angeblich fehlerhaften Begründung des Bürgerbegehrens
Unbegründet ist insbesondere die Kritik des Regierungspräsidenten, es fehle an einer wahrheitsgemäßen Begründung, da aus Fragestellung und Begründung nicht hervorgehe, dass im Falle des Tunnelbaus ein mehrjähriges neues Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist.
Ein neues Planfeststellungsverfahren ist nur für die sich ändernden Teile des Verkehrzuges durchzuführen und zwar ebenso wie für die von Frauenkirchen-Baudirektor Burger an der Brücke vorgenommenen Änderungen.
Gemäß § 76 VwVfG ist ein neues Planfeststellungsverfahren durchzuführen, wenn Belange anderer berührt werden, und insbesondere dann, wenn neuerliche Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange eingeholt werden müssen. Neuerliche Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange sind sowohl für den Bau des durchgängigen Tunnels, wie für die statischen Veränderungen am Brückenbogen der Burger-Brücke sowie für deren, den Fußgängerverkehr betreffende, Funktionsänderung einzuholen.
Der Umstand, dass Teile des Verkehrszugs neu planfestgestellt werden müssen, muss in Fragestellung und Begründung des Bürgerentscheides nicht ausdrücklich benannt sein. Denn dem Bürger wird mittels des Bürgerbegehrens eine Grundsatzfrage (Brücke oder Tunnel) zur Entscheidung gestellt.
Bei der Entscheidung über die Grundsatzfrage zugunsten des Tunnelbaus ist dem Abstimmungsberechtigten bewusst, dass er sich für die Alternative zum laufenden Bauvorhaben mit den sich hierdurch ergebenden Änderungen und Konsequenzen entscheidet. Unzulässig wäre die Begründung nur dann, wenn die Begründung aussagen würde, dass kein neues Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist – dies ist aber nicht der Fall.
Als populistisch ist die vom Regierungpräsidenten geäußerte Einschätzung zu bewerten, die Vorbereitung und Durchführung der neuerlichen Planfeststellung für Teile des Verkehrszuges würde einen mehrjährigen Zeitraum in Anspruch nehmen.
Da der neue Planfeststellungsbeschluss auf den bereits bestehenden Bezug nehmen wird, bleiben wesentliche Vorbereitungstätigkeiten, Prüfergebnisse und Festlegungen, wie beispielsweise die Verkehrsprognose, die Begründung des Verkehrskonzepts sowie die Festlegungen zu den unverändert bleibenden Bauabschnitten weiter nutzbar bzw. behalten Geltung. Eine mehrjährige Unterbrechung des Bauablaufs ist deshalb unrealistisch.
4. Zur Kritik am Kostendeckungsvorschlag des Bürgerbegehrens
Die Kritik des Regierungspräsidenten am Kostendeckungsvorschlag des Bürgerbegehrens geht ebenso ins Leere.
Nach dem durch die Stadt beauftragten Gutachten würden Mehrkosten in Höhe von 29 Millionen Euro entstehen – der Kostendeckungsvorschlag würde aber lediglich einen Mehrkostenrahmen von 2-29 Millionen Euro ausweisen.
Dem Kostendeckungsvorschlag ist unmissverständlich zu entnehmen, dass auf drei vorhandene Gutachten, u.a. auf das durch die Stadt beauftragte Gutachten der EIBS GmbH, Bezug genommen wurde. Aufgrund der verschiedenen Bewertungen, die ihre Ursache vor allem in der Bauweise und der Tunnelkonstruktion haben, ergibt sich ein Kostenrahmen für die Herstellungskosten des Tunnelbaus. Hinsichtlich der Betriebs- und Wartungskosten weisen die Gutachten von BUNG und ILF anschaulich nach, dass diese geringer sind als die Betriebs- und Wartungskosten der Brücke-Tunnel-Kombination.
Vor dem Hintergrund, dass aber bereits feststeht, dass sich der Brückenbau aufgrund des gestiegenen Stahlpreises um ca. 20 Millionen verteuert und dass der Bund sich bereit zeigt, Mehrkosten eines Tunnelbaus zu übernehmen, deutet sich an, dass das Bürgerbehren für dessen Zulässigkeit gar keines Kostendeckungsvorschlags mehr bedarf. Denn die Kosten der begehrten Maßnahme wären dann entweder niedriger oder ebenso hoch wie die der im Bau befindlichen Brücke-Tunnel-Kombination.