Die Stimmung kippt!
21. April 2008
Eine Einschätzung von
Eduard Zetera
Der Verein „Bürgerbegehren Tunnelalternative am Waldschlößchen e.V.“ versucht, mithilfe eines Bürgerentscheids dafür zu sorgen, dass die Elbquerung am Waldschlößchen als Elbtunnel realisiert wird. Er tut das gegen den massiven Widerstand
- der Landeshauptstadt Dresden – man denke z.B. an das Amtsblatt und verschiedenste Pressemitteilungen,
- des Regierungspräsidiums Dresden – man denke an die Verlautbarungen des Regierungspräsidenten Siegfried Henry Hasenpflug, wie auch
- der Sächsischen Staatskanzlei und des (noch amtierenden) Ministerpräsidenten Georg Milbradt – man erinnere sich nur an die unsägliche Äußerung: „Der Welterbetitel ist verzichtbar.“
Alle diese Institutionen verfügen über eine hervorragende Infrastruktur, über Personal, das in der Öffentlichkeitsarbeit versiert ist – und über Geld. Im Unterschied dazu engagieren sich im Verein „Bürgerbegehren Tunnelalternative am Waldschlößchen e.V.“ Dresdnerinnen und Dresdner, die das Welterbe Dresdner Elbtal vor der Zerstörung bewahren und den guten Ruf ihrer Heimatstadt erhalten wollen. Sie tun das freiwillig, nach ihrer Arbeit und am Wochenende. Der Verein finanziert sich ausschließlich aus Spenden.
Um so erstaunlicher ist es, dass es dem Verein scheinbar gelingt, einen Stimmungsumschwung in der Stadt herbeizuführen. Dies ergibt sich aus einem Vergleich des laufenden Bürgerbegehrens mit dem Bürgerentscheid von 2005: Seinerzeit wurden 81.650 Unterschriften gesammelt, 59.359 davon waren gültig, was einer Quote von 73% gültigen Unterschriften entspricht. Von den am 11.03.2008 übergebenen 42.299 Unterschriften des Bürgerbegehrens „Welterbe erhalten durch Elbtunnel am Waldschlößchen“ waren 35.305 Unterschriften gültig, was einer merklich höheren Quote von 83% entspricht. Am 21.04.2008 wurden der stellvertretenden Wahlleiterin und Leiterin des Einwohner- und Standesamtes der Landeshauptstadt Dresden 13.743 weitere Unterschriften übergeben. Geht man von einer unveränderten Quote von 83% gültigen Stimmen aus, ergibt sich damit eine Zahl von (42.299 + 13.743) × 83% = 46.776 gültigen Unterschriften für das aktuelle Bürgerbegehren.
Wenn sich im Jahr 2005 aus 59.359 gültigen Unterschriften im Bürgerbegehren ein Anteil von 68% Ja-Stimmen im Bürgerentscheid ergab, könnte man nach dem Dreisatz erwarten, dass aus 46.776 gültigen Unterschriften zum Bürgerbegehren „Welterbe erhalten durch Elbtunnel am Waldschlößchen“ zumindest eine kleine Mehrheit (über 50%) an Ja-Stimmen im Bürgerentscheid zur Elbtunnel-Alternative „erwächst“.
Diese Schätzung ist gar nicht zu optimistisch: Man muss bedenken, dass die Unterstützer des Bürgerbegehrens ihre Unterschrift gegen die offiziell verkündete Meinung von Landeshauptstadt und Freistaat leisten. Sie stellen sich damit gegen einen erheblichen Meinungsdruck. Genau dieser Druck entfällt bei einer freien und geheimen Wahl aber in der Wahlkabine. Dann wird es vielen leichter fallen, mit dem Elbtunnel die Alternative zu wählen, die vernünftig ist.
Hinzu kommt, dass spätestens nach der Fachklausur „Elbtunnel Dresden“ die Substanzlosigkeit der Einwendungen gegen den Elbtunnel bewiesen ist. Darüber hinaus gibt es zumindest seit der fragwürdigen Paris-Visite von Vertretern der Landeshauptstadt und des Freistaats ernst zu nehmende Zweifel an der Aufrichtigkeit der Verfechter des Brückenprojekts.
Noch eine weitere Zahl ist interessant in diesem Zusammenhang: Im Politikbetrieb gibt es für Abstimmungen und Wahlen den Richtwert, dass man pro Stimme etwa 1 Euro Kosten für Wahlwerbung aufwenden muss. Setzt man das Spendenaufkommen des Vereins „Bürgerbegehren Tunnelalternative am Waldschlößchen e.V.“ ins Verhältnis zur Zahl der gesammelten Unterschriften für das Bürgerbegehren, kommt man auf eine Quote von etwa 50 Cent je Unterschrift. Das bedeutet schon einmal, dass das Geld der Spender hier wirklich gut angelegt ist. Auch an dieser Stelle noch einmal einen herzlichen Dank! Das heißt aber auch, dass es in der Dresdner Bevölkerung ein erhebliches Zustimmungspotential gibt, das langsam gehoben wird.
Diese Fakten erklären vielleicht, warum die Gegner des Elbtunnels in der Auseinandersetzung um das Bürgerbegehren in einen zunehmend gereizten Ton verfallen und mittlerweile nicht einmal vor verfahrenstechnischen Tricks zurückschrecken, um das Bürgerbegehren hinauszuzögern. Man darf gespannt sein, ob sich der Stadtrat in diesem fragwürdigen Spiel weiter instrumentalisieren lassen wird.