Andere Länder, andere Sitten
12. Mai 2008
Der rheinland-pfälzische Kulturstaatssekretär Joachim Hofmann-Göttig in einem Interview mit Deutschlandradio: „Es ist beschlossene Sache, dass die Landesregierung mit der Wirtschaft und den örtlich ansässigen Mehrheiten der Bevölkerung der Auffassung ist, dass wir irgendwo in der Mitte zwischen den vorhandenen Brücken eine feste Querung brauchen. Ob es eine Brücke oder ein Tunnel sein soll, ist ausdrücklich offen gehalten worden, aber eine feste Rheinquerung ist erforderlich.“
Mit Dresden allerdings lässt sich die Situation nicht vergleichen. In Rheinland-Pfalz geht man weit sorgsamer mit der Weltkulturerbelandschaft um. So schön das ist, so trauriger ist, dass Dresden offensichtlich als das Negativbeispiel dasteht: „Die Beibehaltung des Titels UNESCO Welterbe Oberes Mittelrheintal steht für diese Landesregierung überhaupt nicht zur Disposition. […] Ich lege großen Wert darauf, dass man das Mittelrheintal nicht in einem Atemzug mit Dresden diskutiert!“
Anderenorts ist offensichtlich klar, dass der Titel UNESCO-Welterbe eben nicht nur ein Titel ist, sondern ein heiliges Prädikat. Die Einstufung der Landschaft als einzigartig ist ein Erbe, das uns durch das Bemühen vieler Generationen erhalten geblieben ist und das verpflichtet. Es verpflichtet zur Bewahrung und dazu, es unangetastet weiterzugeben.
Als man sich um den Weltkulturerbetitel beworben hat, war Joachim Hofmann-Göttig an vorderster Front engagiert. Man hat gewusst, dass dieser Titel eben den Auftrag mit sich bringt, den Charakter der Kulturlandschaft zu erhalten. Eine Brücke, wie schlank nun auch immer, das zeigt die Debatte in Dresden, die verändert den Charakter der Landschaft gravierend.
Hofmann-Göttig war das klar: „Ja, selbstverständlich haben wir das gewusst. […] Wir haben schon im Anerkennungsverfahren deutlich gemacht, dass nur eine welterbeverträgliche Brückenkonstruktion in Betracht kommt, wenn es denn eine Brückenkonstruktion wird. Und ich sage noch einmal, wenn die UNESCO sagt, dem Grundsatz nach ist keinerlei Form von Brücke möglich, dann wird die Landesregierung alternative Tunnelpläne in den Mittelpunkt ihrer Prüfung stellen.“
Rheinquerung muss sein, aber nicht um den Preis der Aberkennung des Titels Weltkulturerbe!
Solch klare Äußerungen von Politikern sind Lichtblicke, die Dresden braucht – bevor die Landschaft weiter von Hiobsbotschaften und großer Technik heimgesucht wird.
Vielleicht hat das Engagement der Dresdnerinnen und Dresdner für die Waldschlösschenwiesen und den Erhalt ihres Welterbes dazu geführt, dass sich in anderen Bundesländern die Machtdemonstration der Landesregierung gegen Weltkultur und Völkerrecht nicht wiederholt.