Bernhard Lange
Pfarrer i.R.
01324 Dresden
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Tillich,
es war sicher ein tolles Erlebnis, neben dem Papst zum Fototermin zu stehen. Der Besuch hat Sie und Ihre Begleiter vermutlich sehr befriedigt. Die DNN zitieren: „Ich fühle mich sehr gestärkt in meiner Überzeugung, dass wir Werte brauchen, die die Gesellschaft zusammenhalten.“ Es wird berichtet, sie hätten Benedikt XVI. nach Dresden eingeladen – als Pontifex Maximus zur Brückenweihe vielleicht? Toll, wenn sein Segen den der UNESCO ersetzte!
Doch in Dresden geht es nicht um Befriedigung, sondern um Befriedung.
Die DNN zitieren gleichen Tages den Vorsitzenden des Welterbe-Kuratoriums Prof. Zimmermann. Sein Versuch, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen, sei auf „taube Ohren gestoßen“, nicht einmal eine Eingangsbestätigung gab es. Auch alle Initiativen anderer Institutionen und Einzelpersönlichkeiten – darunter höchst prominente – zum Erhalt des Welterbestatus wurden abgeschmettert.
Von Ihnen als geborenem Sachsen hatten viele einen sensibleren Umgang mit dem Thema und den sich engagierenden Bürgern erhofft. Offenbar vergebens! Herr Sagurna erklärte einem sich um den Erhalt des Welterbestatus bemühenden Kommunalpolitiker: „Wir machen Ihnen den Tunnel kaputt!“ Ein Satz, aus dem der Geist geradezu schreit, welcher in Ihrer Partei am Werke ist. Herr Sagurna ist gegangen, der Geist geblieben.
Sehr geehrter Herr Tillich, wenn Ihnen Werte tatsächlich wichtig sind – der Respekt vor Leuten, die sich um das Beste für unsere Stadt bemühen und persönlich keine Vorteile davon haben, sollte dazugehören – dann setzen Sie sich bitte mit Persönlichkeiten wie den Professoren unserer Universität, Prof. Kokenge, Prof. Jäger und Prof. Schach, mit dem Generaldirektor der Staatlichen Sammlungen, Prof. Roth, mit Prof. Zimmermann, Prof. Güttler, Prof. Weber u.a. an einen Tisch und suchen sie eine Lösung zum Besten der Stadt.
Initiieren Sie einen (Teil-) Baustopp an der Brücke. Beauftragen Sie eine neutrale und vor allem parteiunabhängige Expertenkommission, die ermittelt, wie hoch die Kosten für Tunnel und Brücke tatsächlich sein werden und welche zusätzliche Planungszeit nötig wäre für Ersteren! Ermahnen Sie Ihre Parteifreunde, damit aufzuhören, das Dummenmärchen zu verbreiten, an der Haltung der UNESCO sei Nobelpreisträger Blobel schuld.
Es fällt schwer, im „C“ Ihrer Partei noch das „Christlich“ zu erkennen. „Commerz“ wäre treffender! Ist das der Wert, dem Sie sich verpflichtet fühlen? Die Papstreise mag Ihr Selbstwertgefühl gestärkt haben. Zur Problemlösung in Dresden trägt sie nicht bei. Oder kam beim Stichwort „Dresden“ Benedikt XVI. etwa ins Schwärmen ob des politischen Stiles der hier herrschenden Partei- und Staatsführung?
Mit freundlichem Gruß und mit vielen auf Antwort wartend
Bernhard Lange
Dresden, den 2. Juni 2008