Das Opfer der Brückenfreunde
25. Oktober 2008
Eduard Zetera
trauert ein wenig
Gewiss, der Umgangston zwischen Brückenfreunden und Tunnelfreunden war selten herzlich. Einen verbalen Tiefpunkt erlebte der Dresdner Diskurs um die Waldschlößchenbrücke zweifellos, als der Sächsische Justizminister Geert Mackenroth die Tunnelfreunde als „Brücken-Dschihadisten“ zu diffamieren suchte. Um im Sprachbild des islamistischen Terrors zu bleiben: Nun haben die Brückenfreunde ihren ersten Märtyrer – Jan Mücke.
In einem DNN-Interview beklagt er sich bitterlich darüber, dass ihm regelmäßig Fanpost mit Beschimpfungen ins Haus flattert, von denen die als „oberster und schlimmster Scharfmacher“ wohl noch die schmeichelhafteste ist. Sichtlich um Fassung ringend meint er, dass hier die „Grundregeln des Anstands“ eindeutig verletzt werden – was im Einzelfall durchaus zutrifft.
Jan Mückes Versuch, sich selbst als wehrloses Opfer dunkler Tunnelmächte zu inszenieren, war wenig Erfolg beschieden. Wenige Tage später erschien in der DNN eine kritische Kolumne, die einschätzt: „dass der Liberale wenig Toleranz gezeigt und noch weniger zur Deeskalation im Brückenstreit beigetragen hat.“ – „Wer Wind sät, wird Sturm ernten.“ heißt es an gleicher Stelle. Zwei Leserbriefe in der selben Ausgabe sprechen die gleiche Sprache.
Was veranlasst Jan Mücke, ein solch riskantes Manöver zu wagen? Möchte er versuchen, die Tunnelfreunde zu kriminalisieren? Wenig originell. Das hatten wir schon (s. Justizminister Mackenroth). Und dass er im Glashaus sitzt weiß er. Warum wirft er trotzdem mit Steinen?
Wenn man ihm eines nicht absprechen kann, dann wohl politischen Instinkt. Spürt er etwa, dass der politische Druck auf die Welterbezerstörer wächst? Der Widerstand gegen den Brückenbau ist und bleibt ungebrochen, weil er vernünftig und sachlich begründet ist und von klugen Köpfen vorangetrieben wird. Zeigt er Wirkung? Fürchtet Jan Mücke, dass es die Mehrheit, zu deren Wortführer er sich selbst erklärt hat, gar nicht mehr existiert? Glaubt er, dass er sich, mit einer Opfer-Attitüde ausgestattet, im Zweifel am ehesten aus der Affäre zeihen kann? Nein, auch das wird ihm nicht gelingen.