Das Dresdner Trauerspiel
27. März 2009
Eine Stellungnahme von Susanne Knaack,
Mitinitiatorin des Bürgerbegehrens
Mit dem heutigen Urteil hat sich das Dresdner Verwaltungsgericht im Buch der Schandurteile verewigt. Zu urteilen, dass ein unterirdischer Tunnel das Landschaftsschutzgebiet Dresdner Elbtal mehr beschädigt als die im Bau befindliche oberirdische Hauptverkehrs-Trasse, grenzte an Lächerlichkeit, wenn es im Dresdner Fall nicht so tragisch wäre.
Wenn es so wäre, dürften keine Tunnel in der Natur gebaut werden. Welche Habitate existieren auf dem Grund der Elbe oder im Erdreich, welche bedrohten Tiere leben dort, die vom Tunnelbau mehr bedroht wären als beim gegenwärtigen brutalen Brückenbau? Welchen Schaden nähmen Fische bei einer Umleitung der Elbe? Ganze Flüsse werden weltweit umgeleitet für weniger als den Erhalt eines Welterbestatus und die Fahrrinne der Elbe wurde in den letzten Monaten ausgebaggert, ohne dass auch nur ein Fisch starb. Welche Ausgleichsmaßnahmen kompensieren den Verlust des Welterbetitels?
Die Geschichte der Waldschlößchenbrücke ist seit 1990 ein Trauerspiel von vorne bis hinten und von oben bis unten. Von der CDU-Politik, mit der absolutistischen Entscheidung des damaligen Wirtschaftsministers Schommer von 1996 – Geld gäbe es nur für eine Elbquerung am Waldschlößchen und nur für eine Brücke – über die 3-jährige Geltung des Bürgerentscheides vom Februar 2005 pro Brücke trotz der Hinfälligkeit seiner wesentlichen Annahme der „Brücke mit Weltkultur“ seit November 2005; anschließend der Verhinderung des Bürgerentscheides über den Kompromisstunnel im Sommer 2008 durch die CDU-geführte Dresdner Stadtverwaltung, die CDU-dominierte Staatsregierung des Freistaates Sachsen (zu spät, zu teuer, nicht finanzierbar) und die Urteile des Dresdner Verwaltungsgerichtes sowie des Sächsischen Oberverwaltungsgerichtes zu unserem Bürgerbegehren vom Herbst 2008 bis hin zum heute veröffentlichten vollständigen Schandurteil.
Am 30. Oktober 2008 veröffentlichte das Verwaltungsgericht Dresden seinen Beschluss, die Klage abzuweisen. Heute, erst 4½ Monate später, liefert das Gericht seine Begründung obwohl Ende Juni in Sevilla die Aberkennung des Welterbetitels droht, wenn der Bau nicht gestoppt wird.
Seit der Antike werden Tunnel gebaut, 1841 war der erste Londoner Fußgängertunnel unter der Themse fertig, 1869 in Chicago der erste amerikanische Verkehrstunnel unter einem Fluss, 1899 der Spreetunnel in Stralau, 1911 der erste Elbtunnel in Hamburg usw. usf. In Sachsen wurden zig Eisenbahntunnel gegraben, darunter 1839 der erste Eisenbahntunnel der Welt, der Oberauer Tunnel. Auch heute werden Tunnel gebaut, die mitnichten den Naturschutz verletzen, sondern Natur erhalten. Von diesem Pioniergeist sind der Freistaat Sachsen und seine Organe heute jedoch weit entfernt. Kommentator Hartwig meint heute in den Dresdner Neuesten Nachrichten: „Der Bau eines Elbtunnels ist Humbug“ und Herr Köhler-Totzki von der Bürgerinitiative Pro Waldschlößchenbrücke, das Gericht habe den Umweltschützern „ins Stammbuch geschrieben, dass ein Tunnel nicht genehmigungsfähig“ sei, und: „Wer den Tunnelunsinn nach wie vor verbreitet, schadet unserer Stadt.“ In Dresden gilt nun sinngemäß: Die Erde ist eine Scheibe und wer den Kugelunsinn nach wie vor verbreitet, schadet unserer Stadt. Armes Dresden!
Ein Gutes haben das Urteil und die Kommentare von Herrn Hartwig und Herrn Köhler-Totzki: Wer außerhalb Dresdens uns Welterbe- und Elbtalbewahrern bisher nach all der Vorgeschichte immer noch nicht geglaubt hat, welche Macht und Provinzialität in Dresden gegen die Welterbeidee, den Landschaftsschutz, den Tunnelkompromiss und gegen uns wirken, hat hier ein erstklassiges Exempel. Das spart uns viele Erklärungen. Aber es ist ein Jammer, es ist eine Schande!