Ein Brief an Helma Orosz
17. April 2009
und das Antwortschreiben der Stadt
kommentiert Berndt Neugebauer
Am 11.02.2009 ging ein Brief (Seite 1, Seite 2) an Oberbürgermeisterin Helma Orosz, welcher sie erneut und mit eindringlichen Worten daran erinnerte, dass sie selbst in ihrer Antrittsrede bekräftigte, sie wolle Oberbürgermeisterin aller Dresdner sein und sich um den Erhalt des Welterbes bemühen. Einige Wochen später antwortete der Baubürgermeister Jörn Marx im Auftrag der Oberbürgermeisterin (Seite 1, Seite 2).
Grundsätzlich fiel die Antwort so enttäuschend aus, wie zu erwarten war. Immerhin – es gab eine Antwort; soviel Demokratie muss sein. Die abschließende Bitte, konkrete Maßnahmen zum Erhalt des Welterbetitels und zu Gesprächen mit der Bürgerbewegung zu nennen, wurden ignoriert. Das wäre dann wohl zuviel der Demokratie gewesen.
Äußerungen zur vorgeschlagenen Autotunnel-Fußgängerbrücke-Kombination hatten den Baubürgermeister möglicherweise überfordert. Hier zeigt sich, dass es den ungebrochenen politischen Willen gibt, in diesem Jahr dem Welterbetitel für das Dresdner Elbtal endgültig den Garaus zu machen.
Wichtige Aussagen des Antwortschreibens sollen im folgenden zitiert und kommentiert werden:
Die Dresdner … haben sich deutlich für den Bau der Brücke ausgesprochen. An diesen Auftrag ist die Stadt bis heute gebunden wie durch ein Gesetz.
Die Bindefrist des Bürgerentscheids ist bereits im März 2008 abgelaufen. Zum Bürgerentscheid 2005 wurde der Erhalt des Welterbetitels zugesichert, das heißt, zu den Bürgern, die sich deutlich für die Brücke ausgesprochen haben, gehören auch jene, die im Glauben an den Erhalt des Welterbetitels für die Brücke gestimmt haben.
Sinngemäß wird weiter ausgeführt, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Dresden im Oktober 2008 viel stärkere Eingriffe in den geschützten Flusslauf während der Bauzeit des Tunnels sehen würde. – Dass die ökologischen Belastungen des Tunnels während der Betriebszeit bedeutend geringer als bei der Brücke sind, schien dem Verwaltungsgericht nicht erwähnenswert.
Der Tunnel benachteiligt ökologische Verkehrsformen, da er für Fußgänger und Radfahrer aus Sicherheitsgründen nicht benutzbar ist.
Genau dafür sollte Autotunnel-Fußgängerbrücke-Kombination gedacht sein, die von Herrn Marx nicht zur Kenntnis genommen wurde.
Die Umweltverträglichkeit ist nicht abschätzbar …
Zumindest für Abgas- und Lärmimmission während des Betriebes ist der Tunnel der Brücke überlegen. Auch diese Aussage hatte Herr Marx in meinem Brief überlesen. Zur Errichtung des fiktiven Tunnels wählt Herr Marx die offene Bauweise samt Umleitung der Elbe auf ca. 600 Metern, die hinsichtlich Umweltverträglichkeit mehr abschreckend als überzeugend wirkt. Die am Warnow-Tunnel praktizierte Bauweise vorgefertigter Tunnelmodule als Alternative bleibt unerwähnt.
Die Kosten betragen das Doppelte eines Brückenbaues; auch dauerhaft aufzubringende Kosten liegen über denen der Brücke. Die Finanzierbarkeit ist nicht gesichert.
Hier hat der Baubürgermeister gleich drei Unwahrheiten hineingepackt: Immerhin hatte sich schon das Verwaltungsgericht um realistische Kostenschätzungen mittels Fachleuten bemüht und die Baukosten mit ungefähr 35 Mill. € mehr als die Brücke vor der Teuerung beziffert. Fachleute setzen die Betriebs- und Wartungskosten gleich bzw. niedriger als die der Brücke an, denn der geschlossene Tunnelzug (ohne Brücke) wirkt sich vorteilhaft aus.
Wenn man sich natürlich beharrlich weigert, die Mittel aus dem Förderprogramm der Bundesregierung für Investitionen nationaler UNESCO-Weltkulturerbestätten dafür zu beantragen, dann ist die Finanzierung in der Tat nicht gesichert. Umso emsiger bemüht sich die Stadtverwaltung um Fördermittel aus diesem Fonds für im Welterbegebiet liegende Objekte (Busmannkapelle, Schloss Übigau, Schloss Albrechtsberg, Lingnerschloss). Sehr wahrscheinlich liegen sie bald nicht mehr im Welterbegebiet, weil der Titel aberkannt wird, und damit wäre auch der Fördermittelantrag hinfällig – eine absurde Vorstellung!
Die erforderlichen Planungs-, Genehmigungs- und Ausschreibungszeiten … dürften 4, 5 Jahre betragen.
Die großzügige Zeitschätzung ist nur zu erklären, wenn man ein neues Planfeststellungsverfahren einschließlich aller Tunnelzufahrten zugrunde legt. Fachleute schätzen wegen weitgehend unveränderter Tunnelzufahrten mit einem Aufwand von 2 bis 3 Jahren.
Es bleibt festzuhalten, dass der unkritische Briefleser unter der erdrückenden Last der Argumente den Tunnel wahrhaftig für völlig unrealistisch halten wird. Das war wohl die unlautere Absicht des Herrn Marx.
Dass die Argumente passend gemacht und hingebogen wurden, wird nur der kundige Briefleser erkennen und sich trotzdem nicht auf eine weitere endlose Korrespondenz zwecks Richtigstellung mit der Stadtverwaltung einlassen, wohl wissend, dass damit das Problem nicht gelöst wird. Und genau das ist wohl die weitere Absicht des Herrn Marx: ein Antwortbrief – soviel Demokratie muss sein!