Sanierung der Albertbrücke
19. November 2009
ein Beitrag von
Eduard Zetera
Mit einer Pressemitteilung vom 17.11.2009 informiert uns die Landeshauptstadt darüber, dass sich der Zustand der Albertbrücke – offensichtlich völlig überraschend – stark verschlechtert hat. So heißt es:
Im Ergebnis der gesetzlich vorgeschriebenen Brückenhauptprüfung, die für die Albertbrücke im Juli 2009 stattfand, wurden gravierende Schäden festgestellt, die ein umgehendes Handeln erforderlich machen. Vor allem die Randbereiche der Brücke sind gefährdet. Das Gewölbe an sich ist stabil.
Im Rahmen von „Sofortmaßnahmen“ wird es demnach bereits ab dem 23.11.2009 zu erheblichen Einschränkungen für den Fußgänger-, Radfahrer- und Autoverkehr kommen, weil „wegen ungenügender Verankerung der Geländer die Absturz- und Anprallsicherheit nicht mehr gewährleistet ist“ und „Risse in Sandsteinen und Brüstungen die Gefahr bergen, dass diese in Teilen abzustürzen drohen.“
An der Pressemitteilung verwundert nicht nur, dass die Prüfung zwar schon im Juli stattfand, ihre Ergebnisse aber erst jetzt, im November, hektische Betriebsamkeit auslösen, obwohl offensichtlich erhebliche Gefahren bestehen. Soviel zur städtischen Interpretation des Terminus „umgehend“.
Es verwundert auch, dass durch die gesamte Vorgehensweise der Stadtverwaltung und durch Begriffe wie „Sofortmaßnahmen“ der Eindruck erweckt wird, dass alles käme völlig überraschend. Das jedoch ist nicht der Fall, wie die folgende Korrespondenz belegt:
Anfrage vom 20.10.2004
von Janina Hohlblock
an das Straßen- und Tiefbauamt
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte Sie fragen, ob Sie mir einige Informationen zum Zustand der Albertbrücke mitteilen können? Da ich täglich die (Salz?)Krusten unter der Brücke sowie die Absperrungen auf der Brücke sehe, möchte ich gern wissen, wie bedrohlich deren Zustand wirklich ist. Ist die Brücke noch sicher, obwohl viele Randsteine locker scheinen bzw. schon fehlen? Kann es passieren, daß man die Brücke sperren muß? Sind demnächst Reparaturen nötig bzw. werden welche durchgeführt?
Über eine ausführliche Antwort würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Janina Hohlblock
Antwort vom 27.10.2004
vom Straßen- und Tiefbauamt
an Janina Hohlblock
Sehr geehrte Frau Hohlblock,
mit Freude habe ich Ihre Anfrage erhalten, zeigt Sie doch das Interesse der Bürger an den Ingenieurbauten unserer Stadt. Wie Sie richtig beobachtet haben ist der Bauzustand der Albertbrücke schlecht. Dies ist vor allem auf die inzwischen nahezu völlig wirkungslose Dichtung zurückzuführen, was wiederum eine starke Durchfeuchtung und die von Ihnen beobachteten Aussinterungen und Ausblühungen bedingt. Die Standsicherheit der Brücke wird dadurch jedoch nicht beeinträchtigt. Die Brücke wird regelmäßig geprüft und überwacht. In Anbetracht der Tatsache, dass zur Erhaltung des Bauwerkes alsbald eine grundhafte Instandsetzung erforderlich wird, werden zur Zeit nur noch die dringendsten Sicherungsmaßnahmen ausgeführt. Das heißt, die Brücke wird in regelmäßigen Abständen auf Hohlstellen und absturzgefährdete Teile untersucht. Diese werden dann abgeschlagen, gesichert oder wo dies möglich ist, werden gefährdete Bereiche abgesperrt. Dies ist zwar für das äußere Erscheinungsbild der Brücke sehr nachteilig, aber in Anbetracht eines effizienten Einsatzes der öffentlichen Mittel unerlässlich. Zur Zeit läuft das Ausschreibungsverfahren für die Planung der Brückeninstandsetzung. Der Bau soll im Jahr 2006 erfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Holm Kolbe
Straßen- und Tiefbauamt
Rückfrage vom 27.10.2004
von Janina Hohlblock
an das Straßen- und Tiefbauamt
Sehr geehrter Herr Kolbe,
für Ihre freundliche Antwort möchte ich mich herzlich bedanken. Sie schreiben, daß eine Instandsetzung für 2006 vorgesehen ist, also kann man davon ausgehen, daß die bis dahin regelmäßig durchzuführenden Sicherungsmaßnahmen ausreichen werden, damit jeglicher Verkehr ohne Sperrungen weiterfließt. Und wie wird dann die große Instandsetzung durchgeführt? Muß dafür die Brücke zeitweilig ganz gesperrt werden oder wird die Sanierung halbseitig durchgeführt wie bei der Marienbrücke? Und noch eine letzte Frage: Haben Sie schon eine Zusage für die nötigen finanziellen Mittel erhalten bzw. wer muß diese Mittel bewilligen?
Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen
Janina Hohlblock
Rückantwort vom 08.11.2004
vom Straßen- und Tiefbauamt
an Janina Hohlblock
Sehr geehrte Frau Hohlblock,
für die Instandsetzung der Albertbrücke sind die ersten Planungsphasen finanziell gesichert.
Im Rahmen dieser Planung werden die notwendigen Details zur Bauausführung erarbeitet. Erst auf dieser Grundlage ist eine Beschlussfassung zur Bereitstellung der Finanzen für den Bau durch den Stadtrat möglich.
Auch die Verkehrsführung während der Bauzeit muss zunächst planerisch untersetzt werden. Die Aufgabenstellung an die Planer lautet allerdings, möglichst über die gesamte Bauzeit zwei Fahrspuren auf der Brücke offen zu halten, analog dem Vorgehen bei der Instandsetzung der Marienbrücke.
Mit freundlichen Grüßen
Holm Kolbe
Straßen- und Tiefbauamt
Betrachtet man diese Korrespondenz – welche dieser Tage ihren 5. Geburtstag feierte – vor dem Hintergrund der aktuellen Vorgänge um die Albertbrücke und ruft sich die Auseinandersetzungen um den Bau der Waldschlößchenbrücke in Erinnerung, fällt eines auf: Der Stadtverwaltung ist einerseits jedes Mittel recht, um fragwürdige Großbauvorhaben voranzutreiben, andererseits lässt sie ganz offensichtlich zentrale Teile der bestehenden Verkehrsinfrastruktur sehenden Auges verrotten.
Es ist in dieser Hinsicht im übrigen unerheblich, in welchem zeitlichen Zusammenhang die überfällige Sanierung der Albertbrücke zur geplanten Fertigstellung der Waldschlößchenbrücke steht. Die Entlastungswirkung der Waldschlößchenbrücke könnte nie so groß sein, dass eine Sanierung der Albertbrücke ohne negative Auswirkungen für den innerstädtischen Verkehr bliebe. Es fragt sich nur, ob dennoch in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt werden soll, dass durch Verzögerungen beim Bau der Waldschlößchenbrücke (wodurch auch immer sie veranlasst wurden) nun die Probleme der Albertbrücke eskalieren. Genau das ist nämlich nicht der Fall: Hätte man, wie im Jahr 2004 geplant, die Albertbrücke planmäßig im Jahr 2006 instandgesetzt, wäre es zumindest nicht zu den Beeinträchtigungen gekommen, die wir nun wegen der „Sofortmaßnahmen“ zusätzlich erfahren werden.
Die eingangs zitierte Pressemitteilung der Stadt schließt mit dem Satz: „Erst mit der Inbetriebnahme der Waldschlößchenbrücke wird sich die Verkehrslage wieder entspannen.“ Das wäre wohl zu erwarten. Es erscheint nur bezeichnend, dass es scheinbar künstlich erschaffener Verkehrsprobleme bedarf, um zumindest für den Zeitraum der Inbetriebnahme der Waldschlößchenbrücke die Entlastungswirkung wahrnehmbar werden zu lassen, welche ein zentrales Argument der Rechtfertigungslehre unserer Brückenapologeten ist.
Anmerkung: Die Namen der Autoren der oben zitierten Schreiben haben wir geändert, um evtl. für sie aus der Veröffentlichung der Korrespondenz entstehende Nachteile zu vermeiden.