Das wertvolle Landschaftsbild wird nur durch einen Elbtunnel bewahrt.
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Vorangestellt sei eine Passage aus dem 1957 erschienenen autobiographischen Buch „Als ich ein kleiner Junge war“ des Dresdner Schriftstellers Erich Kästner:
Als ich ein kleiner Junge war und mein Vater, an einem hellen Sommerabend, mit mir zum Waldschlößchen spazierte, […] machte er plötzlich halt und sagte: „Hier stand früher ein Gasthaus. Das hatte einen seltsamen Namen. Es hieß ‚Zur stillen Musik‘!“ Ich blickte ihn verwundert an. ‚Zur stillen Musik‘? Das war wirklich und wahrhaftig ein seltsamer Name! […] Wenn ich später an einer gleichen Stelle stehenblieb und auf die Stadt hinabschaute, zum Wielisch und zur Babisnauer Pappel hinüber und elbaufwärts bis zur Festung Königstein, dann verstand ich, von Jahr zu Jahr, den Gastwirt, der ja längst tot und dessen Gasthaus längst verschwunden war, immer besser. Ein Philosoph, das wußte ich damals schon, hatte die Architektur, die Dome und Paläste, ‚gefrorene Musik‘ genannt. […] Und ein Gastwirt hatte, auf den silbernen Fluß und das goldene Dresden blickend, sein Gasthaus ‚Zur stillen Musik‘ getauft.
Erich Kästner
Diese Wertschätzung der Dresdner Stadtlandschaft hat nicht an Aktualität verloren: Gut 50 Jahre später hat so auch folgende Anmerkung auf dem Semperopernball am 18.01.2008 großen Beifall gefunden:
Und wenn Ihr Dresdner Euch […] entscheiden müsst, ob Dresden eine Brücke oder einen Tunnel braucht, dann bedenkt, dass diese Stadt eine einmalige Landschaft hat.
Kurt Masur
Damit zu den Fakten: Es geht um die Frage, ob die Elbauen an ihrer weitesten Stelle – mitten in einem Landschaftsschutzgebiet – durch eine vierspurige Brücke zerschnitten werden sollen, über die täglich 45.000 Autos fahren.
Das Regierungspräsidium Dresden prüfte die eingereichte städtische Volltunnel-Variante und kam im Planfeststellungsbeschluss vom 25.02.2004 zu einer bemerkenswerten Einschätzung (Punkt 6.2: Art der Elbquerung, Seite 21): „Eine unterirdische Anordnung der Verkehrsanlage wird naturgemäß den Aspekten Städtebau, Denkmalschutz und Landschaftsbild besser gerecht. Eine Beeinträchtigung von Blickbeziehungen erfolgt nicht. Nach Vollendung der Baumaßnahme ist es möglich, die vorhandene räumliche Situation im Bereich der Elbauen und des Elbhanges wieder herzustellen. In der Umweltverträglichkeit weist die Tunnellösung mit der Nichtbeeinträchtigung der Elbauen im baulichen Endzustand und hinsichtlich der Verkehrslärmemissionen offenbare Vorteile gegenüber der Brückenlösung auf.“
Auch der Freistaat Sachsen hält einen Elbtunnel hinsichtlich Städtebau, Denkmalschutz, Landschaftsbild und Umweltverträglichkeit für die bessere Lösung.
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Das Institut für Städtebau und Landesplanung der RWTH Aachen wurde von der Deutschen UNESCO-Kommission e.V. im Einvernehmen mit der Stadt Dresden beauftragt, ein „Gutachten zu den visuellen Auswirkungen des ,Verkehrszuges Waldschlösschenbrücke‘ auf das UNESCO-Weltkulturerbe ,Elbtal Dresden‘“ (kurz: „Visual Impact Study - VIS“) zu erstellen. Dort (Seite 112) findet sich die Einschätzung: „Aus diesen Erwägungen lässt sich gutachterlich zunächst nur die Schlussfolgerung ziehen, dass die visuellen Auswirkungen der projektierten Waldschlösschenbrücke gravierend sind. Unter Berücksichtigung der eingegrenzten Fragestellung muss man sogar zu dem Ergebnis kommen, dass der Bau der Brücke an dieser Stelle eine irreversible Schädigung der besonderen Qualitäten des Elbtals wäre.“
Die Bundesarchitektenkammer in Berlin vertritt 114.000 Architekten. Ihr 23-köpfiges Präsidium schließt sich einstimmig dem kritischen Gutachten der RWTH Aachen an. Der Bundesgeschäftsführer Tillman Prinz sagt dazu: „Dieses Stahlgerüst vor der Silhouette Dresdens können wir uns aber nicht vorstellen.“ Sowohl die Landschaftsarchitekten als auch die Tiefbauarchitekten in der Kammer hätten den Entwurf als „dramatisch schlecht“ eingeschätzt.
Renommierte Stadtplaner und Architekten plädieren mit Nachdruck für den Elbtunnel.
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Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch eine Einschätzung von Eberhard Burger bei der öffentlichen Vorstellung des unter seiner Leitung überarbeiteten Entwurfes der Wäldschlößchenbrücke am 06.02.2008 (Seite 1): „Die Aufgabe der Gruppe war, im engen Rahmen der Planfeststellung Änderungen vorzunehmen.“ Darüber hinaus habe er jedoch auch eine persönliche Meinung:
Wenn man sich nicht sicher ist, ob man das da will, dann sollte man die Brücke nicht bauen.
Eberhard Burger
Über Geschmack lässt sich gewiss trefflich streiten, es stellt sich aber die Frage, ob die Elbauen der richtige Ort für einen solchen Streit sind. – Mit einem Elbtunnel würde er sich schlicht erübrigen.
Gunter Just ist Dresdner Dezernent für Stadtentwicklung und Bau a.D. Am 14.01.2006 wurde in den „Dresdner Neueste Nachrichten“ ein Leserbrief von ihm veröffentlicht. Er schreibt: „Die stadträumliche Fassung in Harmonie mit der landschaftlichen Einbettung, der Charme dieser anmutigen Landschaft selbst, begründen den Weltruhm unserer Stadt. Die sinnlich-visuell wahrzunehmende Erscheinungsform von Natur und Kulturraum verdichtete sich in Dresden zum Stadt-Landschaftsbild. Unsere noch atmenden Elbhänge, die Erlebbarkeit der Stadtsilhouette von den Hängen und der Blick aus der Stadt auf die Höhenzüge beidseits der Elbe belegen die gegenseitige Abhängigkeit. Weltkulturerbe eben. Spätestens nachdem der Unesco die Schändung dieses geheiligten Stadtgemäldes (Guratzsch in ‚Die Welt‘ vom 8. November 2005) durch den beabsichtigten Brückenbau bewußt wurde, sollte es selbst den hartleibigsten Brückenfetischisten dämmern, daß es zur Elbquerung am Waldschlößchen als Tunnel einschließlich Weltkulturerbe keine Alternative gibt.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Mit einer Brücke wird das Landschaftsbild zerstört. Mit einer Brücke wird es keinen Welterbetitel geben. Zum Elbtunnel gibt es keine Alternative.
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